STUNTARBEIT

Ein Artikel von Stunt- und Kampfkoordinator Tony Wolf

Tell - Im Kampf gegen Lord Xax war eine 16-teilige Fantasy/Action/ Abenteuer Serie, die in Wellington für den jungen europäischen Markt produziert wurde. Frei nach den Heldentaten des Schweizer Volkshelden, war sie in Bezug auf Stil und Aussehen eigentlich der Serie Hercules ähnlicher, nur etwas futuristischer.

Ich war assistierender Stunt-Koordinator und erster Kampfkoordinator der Serie, zusätzlich zur Arbeit als Stuntman und gelegentlichem doubeln des Hauptdarstellers, Kieren Hutchison. Wir wurden tatsächlich erst nach Beginn der Dreharbeiten engagiert! Ursprünglich gab es einige Probleme mit vis-á-vis der Produktionsfirma, die mit den Erfordernissen von Kampfproben für eine actiongeladene Serie nicht vertraut waren. Die ersten paar Folgen spiegeln dies bis zu einem gewissen Grad wieder. Aber nach einer Weile beruhigten sich die Dinge und wir waren in der Lage, gute Arbeit zu leisten.

Der Großteil der Action bestand aus Kampfszenen, mit einiger Pferde- und Fallarbeit. Die Entwicklung einer Kampftechnik für den Bildschirm für die Kristallschwerter war eine einzigartige Herausforderung. Die Kristallschwerter waren ‚kristallene' Schlagstöcke, die von den Schurken im Nahkampf als Energiewaffen eingesetzt wurden - stellen Sie sich eine Mischung aus einem Viehstock und einem Lichtschwert vor - und waren eigentlich zu zerbrechlich um gegen eine andere Waffe geschlagen zu werden. Das führte zu einer Menge kreativem Ausweichens seitens der Helden. Wir hatten außerdem Spaß mit Fantasy Breitschwertern, Schlagstöcken, waffenlosem Kampf und vor allem in einer Folge mit dem Titel Gladiators (Combat - Schwarze Hochzeit), in der einige Waffen verwendet werden, die ich selbst entworfen habe.

Selbst ohne den Luxus eines zweiten Units für die Kampfszenen, waren wir mit dem fertigen Produkt zufrieden und freuen uns auf weitere Arbeit in diesem Genre...

Erschienen in THE ACTION INSIDER - Mittwoch, 12. August 1998

Ein Interivew mit Tony Wolf

Frage: Wie lange arbeiten Sie im Filmgeschäft? Arbeiten Sie im Moment an einem Projekt?
Tony: Meine erste Arbeit an einem Spielfilm war als Stuntman in Peter Jacksons Brain Dead, einem Kulthorrorfilme, der in Nordamerika als Dead Alive herausgegeben wurde. Ich denke, er hält den Rekord als der blutigste Film, der je gemacht wurde. Das war 1989, so um den Dreh. Im Moment teilt sich meine Arbeit auf zwischen Kampf- und Stuntkoordination für Film und Fernsehen, dem lehren von Bühnenkampftechniken an Schauspielschulen und im Theater und der Kampfregie in Theaterstücken. Außerdem arbeite ich an einer weiteren Serie von Cloud 9 (dem William Tell Produktionshaus). Diese heißt The Tribe (Der Stamm), eine futuristische Abenteuerserie für Jugendliche nach Art von Mad-Max-trifft-Herrn-der-Fliegen.

Frage: Wo wurde die Serie gedreht?
Tony: An verschiedenen Schauplätzen und in Studios in Wellington, der Hauptstadt Neuseelands.

Frage: Hat es Spaß gemacht, mit den Schauspielern und Schauspielerinnen zu arbeiten?
Tony: Im allgemeinen schon. Manchmal standen wir unter Zeitdruck, dann mussten wir uns direkt an die Arbeit machen. Ich war beeindruckt davon, wie professionell die Schauspieler an die Kampfszenen heran gegangen sind - sie hatten vorher sehr wenig Erfahrung mit jeglicher Art von Bühnenkampf- oder Stunttechnik, aber die meisten hatten etwas Erfahrung mit Kampfsportarten, Tanz oder anderen Bewegungsdisziplinen, also haben sie die Techniken sehr schnell gelernt. Wir haben immer betont, dass die Kämpfe wie Ausrufezeichen im Drehbuch waren, die dazu dienten, die Geschehnisse zu einer Art Höhepunkt zu bringen oder der Handlung eine neue Wendung zu geben. Die Darsteller schätzten es, dass die Kampfszenen eher Gelegenheit zum schauspielern waren, anstelle von lediglich ‚Action um der Action willen'.

Frage: Wie lange dauerte es, eine Kampfszene zu drehen? Ich könnte mir vorstellen, dass es sehr unterschiedlich ist.
Tony: Das hängt von verschiedenen Faktoren ab: der Komplexität der Folge, wie sie im Drehbuch beschreiben ist, die am jeweiligen Tag zur Verfügung stehende Drehzeit, die vorherige Übungszeit (äußerst wichtig!); ob Stuntdouble für einige Einstellungen erforderlich sind, usw. Zum Beispiel brauchten wir für das letzte Breitschwertduell zwischen William und Xax einen vollen Drehtag.

Frage: Ich habe einen Artikel von Ihnen gelesen, den jemand gepostet hat. Darin erwähnten Sie, dass die Kristallschwerter zerbrechlich waren. Voraus waren sie gemacht, dass sie so zerbrechlich waren? Und was waren einige der Dinge, um die Sie in den Kampfszenen herum arbeiten mussten?
Tony: Die Klingen der Kristallschwerter waren aus Perspex gemacht, so dass sie glühen konnten, wenn sie aktiviert wurden - sie sahen großartig aus, aber sie waren sehr spröde und überraschend schwer. Die Griffe enthielten einen versteckten Schalter und Batterien. Unsere ursprüngliche Vorgabe war, dass die Kristallschwerter mit einem Streich betäuben konnten und mit einem Stoß töten und dass nur Xax, Kreel und Xaxs Krieger sie benutzen konnten. Später sahen wir auch William und Aruna sie meistern. Durch das Gewicht und die Zerbrechlichkeit habe ich einen Stil entwickelt, durch den die Schwerter niemals dazu verwendet wurden, Angriffe abzublocken, noch wurden sie je mit einer anderen Waffe abgeblockt. Praktisch bedeutete dies eine Menge kreatives ducken und ausweichen oder abwehren mit der freien Hand oder dem Unterarm, was wiederum den Kampfszenenein einzigartiges Aussehen gab - flüssig und ausweichend anstelle des aufeinanderprallenden Schwert auf Schwert Stils, den man in Xena oder Hercules sieht. Ich habe ein Handbuch geschrieben "Kristallschwertfechten für Anfänger" und verteilte Kopien an die Schauspieler und Stuntleute, um eine Kontinuität zu bewahren in punkto dessen, wozu die Waffen in der Lage waren und wie sie verwendet werden sollten. Also, was als ein aus der Notwendigkeit geborener ‚Stil' begann, entwickelte sich zu einer Art Motiv für die Serie und unterstrich zudem die Tödlichkeit der Kristallschwerter.

Frage: Im selben Artikel erwähnten Sie, dass Sie einige Waffen der Folge Gladiators (Combat - Schwarze Hochzeit) entworfen haben. Welche davon haben Sie entworfen? Woher nahmen Sie Ihre Inspiration?
Tony: Das Drehbuch verlangte nach ‚Stöcken und Speeren', aber ich war der Meinung, dass wir wirklich etwas entwickeln sollten, dass einige ungewöhnliche Möglichkeiten eröffnete. Schließlich hat man es hier mit einer fremden Kultur zu tun. Was die Waffen für diese Folge betrifft, trug ich die Designs für die metallischen Netze (basierend auf römischen Gladiatoren), die dornenbesetzten Panzerhandschuhe (ebenfalls durch das alte Rom inspiriert), die t'ang-lash (mein eigener Name für ca. 3 Meter lange Seile mit beschwerten Enden, die vage auf südamerikanischen Bolas basieren) und eine Anzahl kleiner Kampfschilde, ähnlich den "Bucklers" aus der Elisabethanischen Ära bei. Ich glaube, es gab auch ein einhändig zu führendes Kampfbeil irgendwo in der Folge. Wir haben bewusst alles vermieden, was wie asiatische Waffen aussehen könnte, weil man der Meinung war, dass dies im Widerspruch zum Fantasy/Mittelalterlichen Europaflair der Serie stehen würde. Außerdem, da sich die Gladiatoren in der Ausbildung befanden, erschien es nicht logisch, ihnen Schwerter oder andere tödliche Waffen zu geben. Die dornenbesetzten Panzerhandschuhe waren bei der Mannschaft sehr beliebt, obwohl die t'ang-lash meine bevorzugte Waffe waren - ich hatte gehofft, wir würden eine weitere Gelegenheit erhalten, sie vorzuführen.

Frage: Wo wir gerade vom Design der Waffen sprechen, wer hat Wills Armbrust entworfen? Und woher stammt die Inspiration für dessen einzigartige Form?
Tony: Ich nehme an, dass Wills ursprünglicher Bogen von Dan Hennah, dem Produktionsdesigner entworfen wurde. Ich weiß nicht, ob er dabei an irgendein historisches Vorbild dachte, oder ob ihm einfach nur das Aussehen gefiel. Den Fans ist vielleicht aufgefallen, dass Will diesen Bogen manchmal herumdrehte, so dass der Schaft seinen Arm verlängerte, damit er ihn beim Nahkampf einsetzten konnte. Das war etwas, was Kieren in unseren ersten Übungsstunden eingefallen ist. Die größere kunstvollere Armbrust, die später eingeführt wurde - es war vielleicht in der Folge Doppelgänger, ich bin nicht sicher - sollte eigentlich am Ende der Folge verloren gehen oder vernichtet werden, aber er gefiel Kieren so gut, dass er es arrangierte, die alte Armbrust dadurch zu ersetzen.

Frage: Was war das seltsamste/lustigste, das am Set passiert ist, woran Sie sich erinnern?
Tony: Es war nicht wirklich seltsam oder lustig, aber irgendwie toll. Es war der Geburtstag von Katrina Browne und das Kostüm- und Make-up-Team gab ihr diese unglaubliche Actionfigur von ihr selbst als Aruna. Ich vermute, es war ursprünglich eine Barbiepuppe oder so etwas ähnliches, aber sie hatten offensichtlich viele Stunden damit verbracht, eine exakte Kopie ihres Kostüms und Arunas Frisur und Make-up zu machen... es war wirklich ein wunderbares Geschenk.

Frage: In Ihrem Artikel erwähnten Sie, dass die Kristallschwerter aus Perspex gemacht wurden. Was genau ist Perspex?
Tony: Vermutlich ein lokaler Ausdruck. Ich kenne das amerikanische Äquivalent nicht... es ist eine Art transparentes Harz, das geformt werden kann, in diesem Fall, um Kristall zu ähneln.

Frage: Wurde während der Stunts oder der Dreharbeiten einer der Schauspieler verletzt?
Tony: Nein, sie waren sehr vorsichtig. Alles, was offensichtlich gefährlich war, wurde von Stuntleuten übernommen. Sie haben jedoch die meisten ihrer eigenen Kampfszenen gemacht.

The Legend of William Tell © Cloud 9 Screen Entertainment / CLT-UFA / RTV
Artikel und Interview von der Inoffiziellen THE LEGEND OF WILLIAM TELL Homepage; Deutsche Übersetzung von Ute Lafin